„Es macht ungeheuren
Spaß, der Organist von Demon´s
Eye zu sein.“
Interview
mit Organist Florian Pritsch vom 5. März
2003
Wer
oder was hat dich dazu inspiriert, Musiker
zu werden?
Das kam ganz automatisch durch meine Eltern,
die beide Musiklehrer waren.
Wie
alt warst Du damals und was war dein erstes
Instrument?
Seit dem siebten Lebensjahr spiele ich Klavier,
seit dem zwölften Violoncello. Dazu
komme ich aber inzwischen längst nicht
mehr.
Spielst
Du noch andere Instrumente? Was für
ein Instrument würdest Du noch gerne
lernen?
Anfang der 80er Jahre habe ich mit dem Schlagzeugspielen
begonnen, trommle auch - wann immer es geht
- zu Hause herum. Bis zum Einstieg bei Demon`s
Eye hatte ich eine Band in Paderborn, deren
Drummer ich war. Aber an erster Stelle stehen
ganz klar die Keyboards, speziell Hammondorgel
und Piano. Vor kurzem habe ich damit begonnen,
E-Gitarre zu lernen. Zu Hause habe ich einen
Gibson-Nachbau....mal sehen, wie weit ich
damit komme.
Wie
hast du dir dein musikalisches Können
erarbeitet?
Ich habe in den 80er Jahren in Detmold an
der Musikhochschule studiert.
Wie
bist Du zu Demon`s Eye gekommen?
Wir sind uns zum ersten Mal vor drei Jahren
auf einer Session begegnet. Als dann mein
Vorgänger kürzer treten wollte,
hat Andree mich angerufen und gefragt, ob
ich Interesse hätte, einen Teil der
Termine zu übernehmen. Den endgültigen
Schritt, als Keyboarder voll einzusteigen,
haben wir uns wirklich nicht leicht gemacht.
Angesichts der großen Entfernung zwischen
Siegen und Paderborn war dies schon eine
große Verantwortung. Aber ich habe
es bislang nicht bereut.
Wann
wurde Dir klar, dass die Sache mit Demon`s
Eye sehr erfolgreich werden könnte?
Dass die Band sehr gut ist, habe ich schon
2000 bei der Session gemerkt. Aber dass
ich dann irgendwann einmal mitspielen werde,
hatte ich damals natürlich nicht gedacht.
Über die Qualitäten der Band bestand
für mich überhaupt kein Zweifel.
Man sieht die Band als Zuhörer ja auch
anders, als wenn man selber mitspielt. Damals
habe ich Demon`s Eye zum ersten Mal in der
Wirkung mitbekommen, und das war schon überzeugend.
Was
fasziniert dich an Demon`s Eye?
Es ist natürlich wegen der Entfernung
nicht einfach, tiefe freundschaftliche Bindungen
aufzubauen, aber eine gewisse Freundschaft
und Herzlichkeit ist auf jeden Fall dabei.
Es wird viel gelacht. Und was ich noch überzeugend
finde, ist einfach die Verlässlichkeit.
Wenn man zur Probe kommt und hat sich selber
vorbereitet, kann man wirklich davon ausgehen,
dass die anderen Jungs auch top vorbereitet
sind und man einfach nur anzählt und
die Sachen so „durchhämmert“.
Das ist wirklich sehr schön zu sehen,
so etwas habe ich in anderen Bands oftmals
nicht erlebt. Es macht ungeheuren Spaß
der Organist von Demon´s Eye zu sein.
Kannst
du mir je eine Eigenschaft nennen, die dich
bei jedem einzelnen Bandkollegen positiv
anspricht?
Generell schätze ich eigentlich alle
als Menschen sehr. Jeder hat natürlich
so seine speziellen Stärken: Bei Andree
schätze ich eben die zupackende Art
und auch dieses visionäre Denken, wie
es mit der Band weitergeht, außerdem
seine Art, die Initiative zu ergreifen und
bestimmte Dinge im Voraus zu sehen und auch
durchzuführen. Man kann sich einfach
auf ihn verlassen; bei Kreike die ansteckende
gute Laune – zusammen Spaß zu
haben -; bei Steve diesen verschmitzten
Humor, und dass man sich, wenn man ihn näher
kennt, richtig gut mit ihm unterhalten kann;
bei Maik diese Grundfröhlichkeit und
dass er sich sehr gut mit den modernen Medien
auskennt. Man kann sich darauf verlassen,
was die Internet-Arbeit angeht, was ja auch
mit der Promotion für die Band zusammenhängt.
Das Eine fasst sehr gut in das Andere. Da
sind nicht fünf Leute, die in dieselbe
Richtung dieselben Stärken setzten,
sondern da sind verschiedene Stärken,
die, glaube ich, sich sehr gut ergänzen.
Was
war dein schönstes Erlebnis mit DE?
Da gab es eigentlich zwei: Die erste Probe,
die ich mit den Jungs hatte. Wir haben uns
zum ersten Mal richtig intensiv gesehen
und von mittags 13:30 Uhr bis abends um
22:00 Uhr - abgesehen von `ner kleinen Pizza-Unterbrechnung-,
24 Deep Purple-Stücke „durchgedroschen“.
Einfach angezählt, gespielt - ohne
anzuhalten. Das war einfach so eine Art
„Rausch“. Man hatte ja noch
nie zusammen gespielt...die kleine Session
von 2000 kann man ja nun wirklich nicht
zählen. Und das Zweite: Olsberg…dieser
schöne Backstagebereich, wo wir so
viel Spaß hatten – das war schon
toll. Die Stimmung war einfach sehr, sehr
gut.
Was
für ein Ziel würdest du gerne
mit DE erreichen?
Man kann nie genau wissen, wohin die Reise
geht. Das Wichtigste ist, dass wir weiterhin
zusammen diesen großen Spaß
an der Musik haben, dass wir die Zahl unserer
Konzerte weiter erhöhen, in neuen Gegenden
der Bundesrepublik spielen, vielleicht auch
irgendwann im angrenzenden Ausland, und
dass wir dem Publikum weiterhin das bieten
können, wozu es gekommen ist: gute
und abwechslungsreiche Konzerte, die eben
nicht immer nach dem gleichen Schema ablaufen.
Für
die Musiker unter den Lesern: Wie bekommst
du diesen typischen Deep Purple-Sound hin?
Die Qualität wird als solche erst mal
von den Intrumenten geprägt sein -
nämlich, dass man bestimmte Instrumente
benutzt wie diesen sehr guten Hammond-Clone,
den Korg CX3, der sehr autenthisch klingt,
zusammen mit einem Leslie. Über einen
Marshall-Amp gespielt, wird das Ganze entsprechend
röhrend. Das ist die reine Sound-Geschichte.
Dann ist da auf der anderen Seite die Spielweise
- wie ich mit den Tasten als solches umgehe:
Welche Tasten ich sozusagen „anreiße“,
oder wie ich auf den Tasten „wische“,
oder wie ich bestimmte, ein bisschen „kreischende“
Klänge beim Solo erzeuge. Das sind
zwei Dinge, die eigentlich zusammen gehören,
würde ich sagen. Und dass man die Orgel
als solches eben anders spielen muss und
auch automatisch anders spielen wird, als
man ein Klavier spielt. Das sind zwar beides
Tasten-Instrumente, aber schon relativ unterschiedlich.
Jedes hat so seine Stärken –
ich wüsste gar nicht, auf welches von
beiden ich verzichten würde.
Welchen
DP- oder Ex-DP-Musiker würdest du gerne
einmal persönlich kennenlernen?
Ja, das wäre natürlich ohne Zweifel
Jon Lord, bei dem man ja leider Ex-Deep
Purple sagen muss. Ich glaube schon, dass
ich einige Fragen an ihn hätte. Welche,
könnte ich jetzt so konkret nicht sagen
– aber interessieren würde mich
das auf jeden Fall.
Wären
das Fragen musikalischer oder persönlicher
Art?
Eher persönlich. Die Musiker von Deep
Purple sind nicht unbedingt meine menschlichen
Vorbilder, denn ich kenne sie nicht persönlich.
Ich weiß zwar, wie sie ihren musikalischen
Weg gegangen sind – aber was den Einzelen
angeht, würde ich schon gerne mal persönlich
Dinge von ihm erfahren, zum Beispiel wie
er in bestimmten Situationen innerhalb der
Geschichte von Deep Purple gehandelt bzw.
reagiert hat.
Mal
abgesehen davon, dass DP absolut anspruchsvolles
Song-Material liefern - gibt es ein bestimmtes
Stück, das du als persönliche
Herausforderung empfindest?
Eigentlich sind alle Songs insofern gleich
schwierig, da man sie ja alle mit Power
und Inspiration spielen sollte, gerade wenn
man lange Solosachen entwickelt. Man versucht,
die Soli vernünftig zu interpretieren
und so ist jedes Stück eine Herausforderung.
Purple-Songs basieren auf zwei Elementen:
Einerseits der Virtuosität bei jedem
Stück und andererseits darauf, dass
die Songs selber relativ geradlinig gestrickt
sind – das müssen sie auch sein,
weil es Rock-Songs sind. Eine besondere
Herausforderung ist die Konzentration bei
Stücken, bei denen es bezüglich
der Sounds sehr viel umzuschalten gibt.
Lord ist Gott sei Dank kein großer
Freund von Synthesizern. Aber es gibt schon
zwei, drei Songs, bei denen ich ziemlich
aufpassen muss. Das Stück, das für
mich von der Aktion her auf der Bühne
am schwierigsten ist, ist „The Battle
Rages On“. Da
nerven die Soundumstellungen, denn sie lenken
vom eigentlichen Spielen ab. „The
Battle…“ hat schnelle Wechsel
zwischen Clavinet-Riffs, Marcato-String-Passagen
und den Orgelflächen; später kommt
dann auch noch dieses aufsteigende Pad dazu.
Trotzdem liebe ich dieses Stück! Grundsätzlich
ist mir jedoch lieber, man konzentriert
sich nur auf den Orgel-Sound als solchen,
so wie bei „Speed King“. Da
darf man nur spielen und muss sich eben
nicht mit irgendwelchem technischen „Mist“
auseinandersetzen.
Wenn
du die Möglichkeit hättest, mit
vier DP- oder Ex-DP-Musikern deiner Wahl
auf der Bühne zu stehen, für welche
würdest du dich entscheiden?
Am Gesang David Coverdale, Bassmann Glenn
Hughes, Ian Paice Schlagzeug, Ritchie Blackmore
an der Gitarre, sofern er nicht wieder den
lustlosen Egomanen rauskehrt (grinst), ansonsten
lieber Joe Satriani, der, wie ich finde,
1993/94 einen super Job abgeliefert hat.
Vollende
bitte diesen Satz: Wenn ich Mitglied von
DP wäre, würde ich...
Also, wenn ich wirklich bei Deep Purple
wäre, mal angenommen in den 70er Jahren
- das war ein Zeitraum, wo man das Gefühl
hatte, dass die Band noch einiges vor sich
hat - dann würde ich alles dafür
tun, dass gute Songs geschrieben werden
und ansonsten würde ich die professionelle
Umgebung genießen.
Was
für Musik hörst du sonst?
Eigentlich alles Mögliche: Im Hardrock-Bereich
abgesehen von den vielen Deep Purple-Alben
(vor allem „Made in Japan“,
„Made in Europe“, „Burn“)
noch sämtliche Whitesnake-Sachen und
deren Ableger The Company of Snakes, und
überhaupt jede Musik die blues-beeinflußt
ist, also auch Southernrock („The
Allman Brothers Band“, „Doobie
Brothers“), melodischer Heavyrock
wie Giant, Progressivrock-Bands wie Dream
Theater, Symphonic X, Spock´s Beard,
ansonsten quer durch den Garten bis hin
zu Fusionjazz oder Piano-Jazz (Oscar Peterson,
Michel Petrucciani, Herbie Hancock). Die
Hauptsache ist, es wird virtuos gespielt
und die Arrangements sind abwechslungsreich.
Natürlich trifft dies auf den gängigen
Rock nicht immer zu, da geht´s ja
mehr um „Party“ und „let´s
go“... Ja, und selbstverständlich
der große Bereich der klassischen
Musik: vor allem wenn ich Mal zur Ruhe komme,
etwa bei längeren Autofahrten. Vor
allem Romantiker wie Johannes Brahms oder
Peter Tschaikowsky, aber natürlich
auch Mozart-Klavierkonzerte, Symphonien
von Beethoven usw. usw. Alles, bloß
nicht diese ganzen Radio-kompatiblen seichten
Popsachen, die sie dauernd im Radio trällern
– rechts rein und links wieder raus.
Nenne
mir drei Filme, die du klasse findest.
Drei bestimmte Filme fallen mir jetzt nicht
direkt ein, aber ich mag z.B. Filme mit
oder von Clint Eastwood. Angefangen bei
seinen Spätwestern bis hin zu "Die
Brücken am Fluss". Er hat auch
- er ist ja selber Jazzliebhaber und Klavierspieler
- einen sehr guten Film über den Bebop-Saxophonisten
Charlie Parker gedreht, der nach ihm benannt
ist: "Bird". Moderne Filme, die
mich allein schon von der Auswahl der Landschaft
überwältigt haben, sind die "Herr
der Ringe"-Folgen... unglaublich, diese
Kamerafahrten. Ansonsten würde ich
an die vielen historischen Verfilmungen
denken, die es so gibt.
Welche
Charaktereigenschaft törnt dich total
ab?
Unzuverlässigkeit.
Was
sagst du zu der Behauptung: Alle Musiker
haben in irgendeiner Art und Weise einen
an der Waffel!
Das allgemein zu sagen, ist wahrscheinlich
genau so ein blödes Klischee, wie andere
Klischees auch. Vielleicht steckt von manchen
Leuten auch ein bisschen Neid dahinter,
weil sie das Gefühl haben, dass die
Musiker ihr Leben besonders schön gestalten
können.
Wessen
Stimme verursacht bei dir eine angenehme
Gänsehaut, wenn du sie hörst?
David Coverdales Stimme, ohne Zweifel. So
in den 80er Jahren, als er richtig bei Stimme
war, da gefielen mir diese „schreienden“
Sachen genauso wie die „soulig“
gesungenen Songs. Die finde ich total klasse
bei ihm. Wollen wir hoffen, dass er viel
von dem, was er damals konnte, jetzt auch
auf der Tour 2003 zeigen kann. Aber wer
weiß dass schon…
Was
ist deine heimliche Leidenschaft?
Wenn ich mir einen Tag frei nehme und mich
mal durch nichts drängen lasse, dann
passiert es mir, dass ich mich auf`s Fahrrad
schwinge und losfahre und fahre und immer
weiterfahre, einen ganzen Tag. Einfach um
des Fahrens willen…
Überhaupt finde ich es wichtig, ab
und an mal auszubrechen: Wann immer meine
Frau und ich die Zeit finden, unternehmen
wir Fahrradtouren oder spontane kleine Wochenendtrips
irgendwo hin,
z.B. zu Orten wie Münster, Bonn oder
andere kleinere (Fachwerk)-Städtchen,
die mehr in der Nähe liegen. Hier Entspannung
zu suchen ist wichtig für mich bzw.
uns, gerade weil ich ja oft auch allein
auf irgendwelchen Autobahnen "unterwegs"
bin, mit Arbeit gefüllte Wochenenden
vor mir habe usw. Andererseits kommt meine
Frau natürlich auch zu manchen Konzerten
mit, wenn es sich zeitlich einrichten lässt.
Im
Gegensatz dazu: Hast Du irgendeine Marotte?
Die einzige Marotte, wenn man das als solche
bezeichen kann, ist, dass ich irgendwas
zu lesen dabei habe, wenn ich beispielsweise
auf eine längere Fahrt gehe, egal,
wo ich auch bin.
Wenn
du die Zeit rückwärts drehen könntest:
Mit welcher bereits verstorbenen Person
würdest du dich gerne mal unterhalten?
-Puhhh- so konkret darauf angesprochen,
fällt mir da keine bestimmte Person
ein. Mich faszinieren Menschen, die ihr
Leben irgendwie extrem gelebt haben. Mich
interessiert zum Beispiel, aus der Sicht
des Musiker-Berufsstandes… wie die
Musiker damit klargekommen sind, jahrelang
ihren Weg zu gehen...viel Zeit von zu Hause
weg zu sein...heute Erfolg hier und morgen
Misserfolg da… wie sie halt damit
fertig geworden sind. Das wären wirklich
interessante Gespräche, aber die würde
ich jetzt nicht unbedingt nur mit Leuten
führen wollen, die bereits verstorben
sind. Es gib ja noch genügend, die
ihr Leben auf diese Art und Weise noch immer
bewältigen.
Was
für ein Lebens-Motto treibt dich voran?
Carpe diem (Nutze den Tag).
Interview: Woody Woodstock
Fotos: Woody Woodstock, Klaus Klappert
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