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Tourtagebuch
"Demon's Eye featuring Doogie White"

Sonntag, 31. Mai 2009
Netphen-Dreis-Tiefenbach

von Andree Schneider

"Wenn mir gestern jemand erzählt hätte, dass Du heute hinter mir stehst, während ich pinkle, dann hätte ich ihn für verrückt erklärt," meinte ich zu Doogie White auf der Toilette im Backstagebereich der Dreisbachhalle in Netphen-Dreis-Tiefenbach, kurz bevor Demon's Eye mit ihm die Bühne enterten. Doogie quittierte meine Feststellung mit einem lauten Lachen...

Doogie White in Dreis-Tiefenbach? Moment mal! Da sollte doch eigentlich Glenn Hughes mit Demon's Eye auftreten...

Rückblende
Nach einem ausgiebigen und erholsamen Schlaf stand ich am Vormittag des Auftrittstages gerade im Bad, als mein Handy klingelte. Ich war noch gar nicht richtig wach, als ich von Glenns deutschem Agenten die niederschmetternde Mitteilung erhielt, dass Glenn in Dreis-Tiefenbach nicht auftreten könne, weil er eine schwere Bronchitis habe und das Konzert am Vorabend im süddeutschen Bad Urach bereits nach 4 oder 5 Songs abbrechen musste, weil seine Stimme komplett versagte.
Ich hatte das Gefühl, dass mir jemand den Boden unter den Füßen wegzieht. Ich hoffte insgeheim noch darauf, dass mein Telefonpartner loslacht und sagt: "Verarscht!" Leider war das aber blutiger Ernst, wie sich im Verlauf des weiteren Gespräches herausstellte. Angeblich wurde Glenn am Vorabend sogar ausgebuht und mit Gegenständen beworfen. Den Auftritt mit Jon Lord am 1. Juni (einen Tag später) könne er auch nicht machen, wurde mir gesagt.

Glenn Hughes konnte also nicht kommen. Wochenlange Organisationsarbeit vermeintlich im Eimer. 750 erwartungsfrohe Zuschauer in der Halle, aber kein Glenn Hughes da... Ich stand regelrecht unter Schock und konnte rund fünf Minuten lang nichts anderes tun, als vollkommen sinnlos in meiner Wohnung hin- und herzulaufen. Ich versuchte, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Ok, Du musst als erstes den Veranstalter informieren, dachte ich mir. Frank "Festus" Pattuk stand glaube ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch, als ich ihm am Telefon von Glenns Absage berichtete. Man darf nicht vergessen, dass ein solcher Konzertabend auch eine Menge Geld kostet. Und dann kommt der Hauptakteur nicht! Ein einziger Alptraum.
Festus meinte zu mir: "Komm' sofort nach Dreis-Tiefenbach. Ich kann jetzt keinen klaren Gedanken fassen. Wir müssen beratschlagen, was wir nun machen." Nach Dreis-Tiefenbach fuhr ich aber noch nicht, sondern rief Festus eine Viertelstunde später erneut an. Er hatte sich wieder etwas beruhigt. Wir waren uns einig, dass das Konzert nicht abgesagt wird. Der Plan war, dass den Konzertbesuchern ein Teil des Eintrittsgeldes erstattet oder - sofern gewünscht - auch komplett zurückgegeben wird und Demon's Eye und Mad Zeppelin dann halt ohne einen Gaststar in "normaler" Besetzung auftreten. Ich sagte Festus, dass ich aber auch noch versuchen könne, den ehemaligen Rainbow-Shouter Doogie White in England anzurufen und kurzfristig zu engagieren, denn dann hätten wir immerhin einen anderen prominenten Sänger als Ersatz für Glenn präsentieren können. "Das wäre natürlich eine super Sache! Versuch' Dein Bestes," meinte Festus.

Dummerweise schlafen Rockstars im Allgemeinen recht lange und deshalb ging bei Whites in England niemand ans Telefon. Also schrieb ich eine Mail und vorsorglich noch eine SMS.

Ungefähr eine halbe Stunde später klingelte das Telefon. Ich sah auf dem Display, dass es sich um einen Anruf aus England handelte. "Doogie!", dachte ich und griff in froher Erwartung zum Hörer, aber es war Glenns Manager Carl Swann, der mir in einem zwanzigminütigem Gespräch sein Bedauern über die Absage mitteilte. Glenn sei total niedergeschlagen und wolle das Konzert gerne nachholen. Ich sagte zu Carl: "Wir haben heute abend ein ausverkauftes Haus. Aus ganz Deutschland reisen Leute an bzw. sind schon unterwegs. Die Halle ist hergerichtet, die Ton- und Lichtanlage steht schon. Wir können jetzt nicht einfach das Konzert absagen und auf einen anderen Termin verschieben. Ich versuche gerade, Doogie White zu erreichen. Vielleicht springt er spontan ein." Das konnte Carl dann auch nachvollziehen. Ich bestellte schöne Grüße an Glenn und wünschte ihm gute Besserung.

Während des Telefonats mit Carl versuchte Doogie mich anzurufen. Weil bei mir besetzt war, schrieb mir Doogie eine Mail mit folgendem Inhalt: "Morning Andree, tried calling. Get me a ticket from Heathrow coming back Monday (I am in rehearsals for Sweden Rock) and we are good to go. Do It and Do It NOWWWWWWWWWW! Regards, Doogie"
Ich ließ einen Jubelschrei los und rief Doogie sofort an. Er meinte, dass er am Montag spätestens um 14.00 Uhr wieder in London sein müsse, um mit der Band "Tank" für's Schweden Rock Festival zu proben. "Ok, wir werden die Flugzeiten checken und dann melde ich mich wieder bei Dir", sagte ich zu Doogie.

Ich rief Maik, unseren Bassisten, an, der nach umfangreichen Recherchen und einigen Telefonaten sogleich den Hin- und Rückflug buchte. Ich leitete die Buchungsbestätigung per Mail an Doogie und rief ihn erneut an. Doogie kam gerade mit seiner Hundedame Daisy vom Gassi gehen zurück, checkte die Flugzeiten und sagte: "Großartig. Wir sehen uns in ein paar Stunden."

Als nächstes rief ich Christoph und Sonja an, die eigentlich Glenn in einem Hotel in der Nähe von Stuttgart abholen sollten, jedoch dort nur ein ärztliches Attest über Glenns Gesundheitszustand mit auf den Weg nach Dreis-Tiefenbach bekamen... Die beiden waren schon wieder auf der 400 km langen Rückfahrt und kurz vor Frankfurt, als ich ihnen sagte, dass sie Doogie am Frankfurter Flughafen abholen können. Die beiden waren hocherfreut.
Anschließend informierte ich Festus, der - genau wie ich - einen Jubelschrei vom Stapel ließ. Die gute Nachricht kam bei den vielen Helfern - u.a. auch bei den Helfern vom Lebenshilfecenter Netphen - und unserem Tontechniker Torsten und seinem Team sehr gut an. Sofort waren wieder alle hochmotiviert und freuten sich auf den Konzertabend.

Eigentlich wollten sich Demon's Eye um 11.30 Uhr im Proberaum treffen, um das Equipment in den Bandbus einzuladen. Maik hatte Mark schon telefonisch über die Ereignisse informiert. Ich rief dann Andreas an, der mit Bernd und Woody bereits am Proberaum wartete. Das Telefonat verlief in etwa so:
Ich: "Schlechte Nachricht: Glenn ist krank und kommt heute nicht."
Andreas: "Oh nein..."
Ich: "Doogie White springt ein und fliegt aus England rüber nach Deutschland."
Andreas: "Nein, eeeeeeecht???? Geil!!!!!!!!!"
Ich: "Ok, bei mir sieht es aus wie Kraut und Rüben, weil ich die letzten Stunden nur rumtelefoniert habe. Ich habe noch nicht einmal meine Klamotten gepackt geschweige denn geduscht. Ich brauche noch etwas Zeit."
Andreas, Bernd, Moni und Woody haben daraufhin den Bandbus alleine beladen - vielen Dank dafür!

Wir machten den Soundcheck ohne Doogie (der war noch irgendwo über'm Regenbogen) und spielten "Ariel", "Stargazer" und "Man On The Silver Mountain". Diese Songs waren natürlich an diesem Abend eigentlich nicht vorgesehen...
Doogie kam anderthalb Stunden vor dem Auftritt in Dreis-Tiefenbach an. Wir begrüßten ihn, als sei der Messias angekommen.

Er war locker wie immer und ging erst einmal nach draußen, um vor dem Eingang das Gespräch mit Fans zu suchen und einige Autogramme zu geben.

Eine Stunde vor dem Auftritt stellten wir gemeinsam die Setlist zusammen.
Die Film- und TV-Produktionfirma hercher.tv interviewte uns noch kurz backstage (nein, es wird keine offizielle DVD von diesem Auftritt geben!).
Die Stimmung war absolut ausgelassen, und auch die für Rockmusiker typischen "Banane in der Hose"-Fotos durften selbstverständlich nicht fehlen.
Bernd und Doogie übten einige Refrains zweistimmig. Apropos Bernd - hätten wir das Konzert mit Glenn gegeben, wäre Bernd im ersten Set als alleiniger Sänger aufgetreten, weil Glenn keine Deep-Purple-Mark-II-Songs singen wollte. Mit Doogie verhielt sich die Sache natürlich anders, denn er singt das komplette Purple-Material sehr gerne. Ich fragte Doogie, ob er damit einverstanden sei, wenn Bernd "You Keep On Moving" und "Space Truckin'" singen würde und er stimmte sofort zu. Danke an Bernd, dass er die Größe besaß, zugunsten von Doogie einen Schritt zur Seite zu treten und in erster Linie "nur" im Backgroundgesang mitzuwirken. Toll fand ich auch, als Bernd und Doogie sich bei "Smoke On The Water" spontan den Gesang teilten. Im Anschluss an das Konzert wurde Bernd übrigens von vielen Konzertbesuchern und auch von der Presse für seine Gesangsleistung mit Lob überhäuft.

Quasi auf dem Weg zur Bühne äußerte Doogie noch den Wunsch, "Sail Away" und "Might Just Take Your Life" in die Setlist aufzunehmen. Da sagt natürlich niemand "Nein", zumal wir uns beide Songs ohnehin für Glenn Hughes drauf geschafft hatten. Später stimmte Doogie während des Konzertes auch noch spontan "Soldier Of Fortune" an, das nicht auf der Setlist stand.

Wegen des großen Andrangs am Einlass musste der Konzertbeginn etwas nach hinten gelegt werden. Festus bat mich um kurz vor halb neun, einige Worte an die Zuschauer zu richten. Etwas mulmig war mir schon dabei, denn ich wusste nicht, ob inzwischen alle Zuschauer Bescheid wussten. Wir hatten zwar eine Mitteilung am Einlass befestigt, aber ich war mir nicht sicher, ob das jeder gelesen hatte. Aber die Leute waren offenbar im Bilde, denn Festus und ich wurden freundlich empfangen. Nach einer kurzen Ansprache wurden Doogie White und meine Bandkollegen mit großem Applaus begrüßt.
Nur rund 50 Zuschauer hatten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich das Eintrittsgeld zurückgeben zu lassen. Zu tief saß bei ihnen leider die Enttäuschung, dass Glenn nicht dabei war. Die Hütte war aber trotzdem rappelvoll.

Wir legten los mit "Highway Star" und "Stormbringer". Mark begann den dritten Song "Man On The Silver Mountain" mit einem improvisierten Jampart. Die Band war sehr gut drauf. Ich persönlich war einfach nur froh, nach diesem ganzen nervenaufreibenden Tag endlich das tun zu können, was ich am liebsten tue: Drums spielen! Und ich habe das Konzert von A-Z in vollen Zügen genossen.
Auch Doogie war in seinem Element und rockte gemeinsam mit uns los, was das Zeug hielt.

In der Pause zwischen den beiden Sets meinte er: "Ich hatte vollkommen vergessen, wie viel ihr improvisiert. Fantastisch!"

Die Stimmung in der Halle war bombastisch. Doogie war total begeistert von der Euphorie im Publikum.
Letztenendes haben wir fast drei Stunden gespielt, was gar nicht so geplant war. Nicht nur wir waren anschließend platt, sondern auch große Teile des Publikums, die anschließend nach Hause gingen. Leider mussten Mad Zeppelin daraufhin vor etwas gelichteten Reihen auftreten. Sicher keine leichte Aufgabe für die Led Zeppelin-Experten. Sorry Jungs, dass wir so lange gespielt haben. Das war keine böse Absicht. Das hat sich einfach so ergeben. Diejenigen, die sich Mad Zeppelin noch reingezogen haben, waren sehr begeistert!

Doogie fragte Maik nach der Show: "How are you doing?" Maik: "Tired..." - Stille - "...but great!" Daraufhin fragte Maik Doogie, wie es ihm gehe. Doogie: "Tired...and great"! Dann haben beide mit einem Bier angestoßen: "Tired and just great"!

Das anschließende Meet & Greet mit rund 30 Fans war echt witzig. Doogie unterhielt sich auch mit Elisabeth, Marks Mom, und sagte zu ihr: "He is a lovely boy!" Elisabeth schüttelte daraufhin nur mit den Kopf...
Ich meinte zu Elisabeth: "Mark war heute wieder ganz große Klasse." Elisabeth: "Ja? Also muss ich nicht mit ihm schimpfen?" Ich: "Nein, er war wirklich sehr gut!"

Doogie mutierte zwischendurch zum Kellner und verteilte Süßigkeiten auf einem Tablett.

Im Anschluss an das Meet & Greet stiefelte Doogie zum Halleneingang, um noch den ein oder anderen Foto- und Autogrammwunsch zu erfüllen. Berührungsängste scheinen ihm wirklich gänzlich fremd zu sein.

Zu Festus und mir meinte Doogie später: "Das war eines der besten Konzerte meines Lebens. Pure Magie!"

Christoph und Sonja brachten Doogie ins Hotel, wo sie ihn am nächsten Morgen um 9.30 Uhr wieder abholten, um ihn zum Frankfurter Flughafen zu bringen.
Zuhause angekommen rief Doogie mich an, um sich nochmal für diesen Abend zu bedanken. Ich sagte zu ihm: "Wir haben DIR zu danken, denn Du hast unseren Arsch gerettet!" Daraufhin Doogie: "Ihr habt mich auch gerettet, denn meine Frau hatte am Sonntag eigentlich Gartenarbeit für mich vorgesehen. Ha ha ha." Typisch Doogie...

Beide Seiten freuen sich schon jetzt auf die Konzerte Ende November in Unna und Isernhagen. Selbstverständlich wird es auch dort wieder einige Überraschungen in der Setlist geben!

Dank an...
...Festus,
...die Helfer des Lebenshilfecenters Netphen,
...die sonstigen Helfer,
...Torsten und sein Team für den fetten Sound,
...Christoph und Sonja für die ganze Fahrerei,
...Moni, Woody, Kathy, Martina und Johann für 1000 Dinge,
...Uwe, Gerry, Anna, Andre und Jörg für die schönen Fotos,
...meine Bandkollegen, die in der Lage sind, sich auf eine neue Situation inklusive neuer Setlist so schnell einzustellen,
...alle anderen, die in welcher Weise auch immer zum Gelingen dieses Konzertes beigetragen haben,
...unsere treuen Fans,
...das enthusiastische Publikum, das wie ein Mann hinter uns stand,

und last but not least einen besonders herzlichen Dank an...
...Doogie White, einem großen Sänger, erstklassigen Entertainer, tollen Menschen und einem Rock'n'Roller wie er im Buche steht!

An alle, die enttäuscht waren, weil Glenn nicht da war: Es tut uns Leid, aber es lag nicht in unserer Macht.
Gut möglich, dass wir doch noch eines Tages mit ihm auftreten werden. Konkrete Planungen gibt es allerdings noch nicht.
Ich glaube Glenn, dass er in Dreis-Tiefenbach wirklich nicht singen konnte. Er ist dann zwar doch am nächsten Abend mit Jon Lord und Thunder aufgetreten, allerdings nur für rund 20 Minuten. Den freien Sonntag hat er für intensive ärztliche Behandlungen genutzt. Carl Swann hat mir versichert, dass er am Sonntag noch nicht einmal für 20 Minuten hätte singen können. Ok, auf ein Neues... irgendwann...irgendwo...

Fotos vom Konzert in Dreis-Tiefenbach



 








 
 

Die Ruhe vor dem Sturm...
 

Woody und Mark beim Aufbau
 

Doogie am Eingang zur Konzerthalle
 
Das Filmteam gibt Anweisungen...
 
Setlist-Überlegungen
 

... echt Banane;-)
 

Mark spielt sich warm
 

Mark & Doogie kurz vor Konzertbeginn
 
 

Andrees Ansprache ans Publikum
 

Doogie White in Aktion
 
 

Tolles Publikum!
 

Festus & Andree in der Konzertpause
 
 

Gesangsduett mit Bernd & Doogie
 

Geschafft!
 
Fotos: Moni Kircher, Gerry W. Freudenberger, Uwe Schöler