Tourtagebuch "Jon Lord with
Demon's Eye & Philharmonie
Südwestfalen "
Mittwoch,
21. Oktober 2009
Hilchenbach,
Proberaum der Philharmonie Südwestfalen
von Woody Woodstock
Zweifelsfrei
stellt das "Concerto for
Group and Orchestra" auf
Grund seiner gegensätzlichen
musikalischen Ansätze eine
überaus faszinierende Herausforderung
für alle beteiligten Musiker
dar. Doch trotz der hohen Anforderungen
probten die Philharmonie und
Demon's Eye aus Zeitgründen
dieses Werk bis zum heutigen
Tage voneinander getrennt. Die
Klassikpassagen liefen im DE-Proberaum
behelfsmäßig via
MP3-Player in angemessener Lautstärke
über die Gesangsanlage
– was die Spannung für
die ersten gemeinsamen Proben
verständlicherweise um
einiges erhöhte. So kann
man sich vorstellen, dass die
Luft im Siegerland heute Vormittag
förmlich knisterte.
Das Equipment der Band wartete
scheinbar ebenso ungeduldig
auf die ersten gemeinsamen Proben
mit dem Orchester und Jon Lord
wie der "Rest der Band".
Alles drängelt sich am
Rolltor, um eingeladen zu werden:
Mensch wie Instrument. Und genau
so schnell wie alles in dem
Bandbus für die Fahrt nach
Hilchenbach verstaut war, fanden
wir uns nach der Ankunft im
Proberaum der Südwestfälischen
Harmonie auch auf den dafür
vorgesehen Plätzen wieder:
Das Equipment inklusive Demon's
Eye startklar vor dem bereits
eingestimmten Orchester und
wir Beobachter auf einer gegenüberliegenden
Empore, welche uns den Blick
von oben auf die ca. 60 Mann
starke Orchestertruppe eröffnet.
Hinweg über die Köpfe
von fünf (!) Percussionisten,
hin zu den Bläsern und
Streichern bis schließlich
zur Band. An einer Seite thront
in glänzend Kontrast der
schwarze Flügel neben der
nussbaumfarbenen Hammond B-3.
Allerdings müssen sich
beide noch ein bisschen gedulden,
denn Mr. Lord befindet sich
derzeit gerade über den
Wolken im Anflug auf Deutschland.
Und hier? Ein kurzes Klopfen
des Taktstocks sorgt für
Stille im ganzen Saal, der Dirigent
hebt den Arm und.... endlich!...
der seit Wochen ersehnte gemeinsame
musikalische Einstieg in das
erste Movement setzt ein. Fast
augenblicklich füllt sich
der Raum satt mit Klängen
der Lord‘schen Komposition.
Welch eine Freude mit anzusehen,
wie sich Klassik und Rock zunächst
einander neugierig beäugen,
belauschen, um dann mit zunehmender
Begeisterung zu einem großen
Klangkörper zu verschmelzen.
Allein die pure, unverfälschte
Akustik hier oben wäre
mir schon eine Aufnahme wert
– von verträumt fröhlichen
Harfensaiten, über schwingendes
Holz und Blech bis hin zu füllend
voluminösen Paukenschlägen
aus fünf kupfernen Kesseln
– und: es rockt!
Mit kurzen Unterbrechungen
zur genauen Abstimmung von bestimmten
Sequenzen spielen die Musiker
- zur Zeit noch ohne Jon Lord
- innerhalb einer Stunde das
"Concerto for Group and
Orchestra".
Ich bin begeistert. Aber ich
scheine nicht die einzige zu
sein. Denn in der Pause werde
ich vermehrt nach Konzertkarten
gefragt – von Musikern
des Orchesters, die eigentlich
am Freitag mit auf der Bühne
sitzen werden. Ähm? "Nein,
natürlich für Freunde",
verscheucht die prompte Antwort
das offensichtliche Fragezeichen
über meinem Kopf.
Da Jon Lord noch bei Leverkusen
im Stau steht, entscheidet sich
die Band auf Grund extremer
Magenleere, noch kurz in einem
nahe gelegenen Imbiss zu speisen.
Plötzlich erreicht uns
der Anruf, dass Mr. Lord bereits
angekommen sei und auf uns wartet...
Au weia! Da fallen natürlich
sofort die Messer und Gabeln
und ab geht's. Doch der Maestro
nimmt's gelassen – denn
eigentlich ist er zu früh.
Jon und Andree umarmen sich
herzlich. Shake Hands mit allen
Beteiligten.
Nach der Begrüßung
geht die Probe nun ohne Orchester,
aber mit Mr. Lord an den Tasten
und einem "Lufttaktstock"-spielenden
Dirigenten (Russell Harris)
weiter.
"Was wollt ihr spielen?",
fragt Jon Lord. Andree schlägt
"Wring That Neck"
vor. "Warum?", fragt
der Tastenmeister. "Einfach
nur um uns warmzuspielen."
"Ok!" Mehrere Minuten
grooven sich Demon's Eye und
Jon Lord durch die Uralt-Purple-Nummer
und es ist eine Freude zu hören,
wie beide Seiten miteinander
harmonieren. So als hätten
sie schon immer zusammen gespielt.
Jon hat seinen Spaß und
meint anschließend: "Ich
habe den Song zuletzt 1999 oder
2000 gespielt!"
Hinweis am Rande: "Wring
That Neck" wird am Freitag
nicht aufgeführt!
Jon Lord besticht durch einen
geistvollen Humor und einer
unbestechlichen Gelassenheit.
In einem Mix aus Deutsch und
Englisch bringt er seine Vorstellungen
Demon's Eye mit Vergleichen
näher, die zum Schmunzeln
einladen. Die Jungs sind bestens
vorbereitet. Es geht nur noch
um Kleinigkeiten, die geändert
werden müssen. Jon ist
überaus zufrieden und äußert
sich am Ende jedes Songs positiv.
"Splendid" (heißt
soviel wie "großartig")
ist das am meisten verwendete
Wort.
Nachdem Bernd, Andree, Markus,
Maik und Andreas (begleitend)
knapp 3 Stunden mit Jon Lord
geprobt haben, verabschiedet
sich dieser mit folgendem Kommentar:
"I appreciate the hard
work you did. That's excellent.
I'm very happy, you did it excellent.
And now sleep well".
Demon's Eye selbst sind auch
sehr zufrieden über den
Verlauf des ersten Tages und
freuen sich auf die weiteren
Proben am Donnerstag.
Teil
2 des Tourtagebuchs
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