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Tourtagebuch "Ian Paice with Demon`s Eye"

Freitag, 23. Februar 2007
Wilnsdorf

von Andree Schneider

Nicht ganz ausgeschlafen, aber bestens gelaunt begaben wir uns auf die 350 km lange Reise nach Wilnsdorf.
Mir wurde die verantwortungsvolle Aufgabe zuteil, Ian zu chauffieren. Die Zeit verging wie im Fluge, weil er ein ausgesprochen angenehmer Gesprächspartner ist. Die Bandbreite der Themen war schon wirklich sehr erstaunlich und hatte nicht immer etwas mit Musik zu tun. Logischerweise habe ich aber immer wieder das Gespräch in Richtung Musik gelenkt, weil ich die Chance nutzen wollte, das ein oder andere Wissenwerte von Ian zu erfahren. Erstaunt hat mich dabei seine schonungslose Offenheit. Egal um welches noch so heikle Thema es ging - die Gerüchte zur Mark III-Reunion, die jüngsten Anfeindungen von Ian Gillan gegenüber Ritchie Blackmore, die Produzenten-Wahl für das nächste Deep Purple-Studioalbum – Ian redete nicht um den heißen Brei, sondern bezog jeweils eindeutig Stellung.
Weil ich nicht weiß, welche Infos für die Öffentlichkeit bestimmt waren und welche nicht, halte ich vorsorglich lieber meine Klappe und behalte das Gesagte für mich. Ich bitte um Verständnis.
Es gab aber auch weniger heikle Theme, über die ich bestimmt berichten darf: Ian mag keine Nachtfahrten im Deep Purple-Tourbus, sondern übernachtet lieber vor Ort, um dann am nächsten Tag selbst zum nächsten Auftrittsort zu fahren. Zu diesem Zwecke erhält er von Audi – seiner bevorzugten Automarke – kostenlos ein Fahrzeug gestellt. Ian meinte, zum einen kriege er im Bandbus kein Auge zu, weil er stets das Gefühl habe, der Fahrer müsste auch müde sein, wenn er müde ist. Zum anderen nerve ihn die Qualmerei im Bus. Es gebe zwei goldene Regeln für die Fahrten im Tourbus: „Don`t smoke on the bus. And don`t shit on the bus!“ Die letzere Regel werde zwar eingehalten, aber Ian Gillan und Roger Glover würden stets gegen die erste Regel verstoßen...
Toll war natürlich auch, mit Ian über´s Schlagzeugspielen zu philosophieren. Der Mann weiß nun wirklich, worüber er redet! Er hat viele Tipps auf Lager, die ich wie ein Schwamm aufgesaugt habe. Faszinierend fand ich, dass er glänzende Augen kriegte, als er über sein Drummer-Idol Buddy Rich und die gemeinsamen Treffen mit ihm schwärmte. In diesen Momenten ist er genauso ein Fan wie ich es bin, wenn ich über mein Drummer-Idol Ian Paice schwärme. Und auch über andere Schlagzeugergrößen wie z.B. Ginger Baker oder Simon Phillips redet er mit dem größten Respekt.

Nach rund 4 Stunden Fahrt kamen wir so um 14.30 Uhr in Wilnsdorf an.
Natürlich war dieses Konzert etwas ganz besonderes für mich, weil ich in dieser 22.000-Einwohner-Gemeinde lebe. Gleiches gilt sicher auch für Maik, der noch bis vor kurzem dort wohnte. Aber nicht nur für Maik und mich war es etwas ganz besonderes, sondern auch für viele (andere) Wilnsdorfer, denn eine Rocklegende wie Ian Paice spielt dort nicht alle Tage. Für Wilnsdorf war es wohl ohne Übertreibung das Event des Jahres und demzufolge war das Konzert bereits ausverkauft. Es hätten sogar noch deutlich mehr als 850 Karten verkauft werden können.

In der Festhalle angekommen wurden wir zunächst in die Cafeteria des Wilnsdorfer Museums geleitet, wo eine reich gedeckte Kaffeetafel auf uns wartete. Das war perfekt, denn wir hatten alle seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Auch Ian grinste, rieb sich die Hände und meinte „wonderful“.
Ian interessierte sich für das Museum und deshalb führte ich ihn kurzerhand durch die verschiedenen Ausstellungsbereiche der "Kulturgeschichtlichen Begegnungsstätte". Ian zeigte sich sehr begeistert und meinte, dass er so ein Museum vielleicht in London, aber nicht in einem doch eher kleineren Ort wie Wilnsdorf erwartet hätte. Besonders die lebensgroße Rekonstruktion eines Mammuts hatte es ihm offenbar angetan.
Zur Freude des Wilnsdorfer Bürgermeisters ließ er auf der später folgenden Pressekonferenz eine Lobeshymne über das Museum ab.

Nach dem Museumsbesuch zeigte ich Ian den Weg zu seinem Fahrer, der ihn zunächst mal ins Hotel bringen sollte, wo bereits ein Kamerateam des WDR auf ihn wartete.

Witzige Begebenheit am Rande: Als ich mit Ian zum Fahrzeug lief, stiegen in unmittelbarer Entfernung davon zwei Deep Purple-Fans mit einigen Platten- und DVD-Covern aus ihrem Auto und glaubten fast ihren Augen nicht, als ihnen Ian Paice quasi direkt über die Füße lief. Einer meinte: „Wir dachten, wir fahren einfach mal am Nachmittag zur Festhalle. Vielleicht haben wir ja Glück und treffen ihn zufällig.“ Tja, Glück gehabt! Nur an einen Filzstift hatten sie nicht gedacht. Blankes Entsetzen machte sich auf den beiden Gesichtern breit. Ian durchwühlte seinen Koffer und fand nach einer ganzen Weile endlich den ersehnten Filzstift. Nochmal Glück gehabt...

Um 17.15 Uhr kehrte Ian aus dem Hotel zurück zur Festhalle, um mit Demon`s Eye den Soundcheck zu machen. Sowohl der Bühnensound als auch der Sound in der Halle waren vom Feinsten, zumindest zu diesem Zeitpunkt...

Um 18.30 Uhr hatte die Gemeinde Wilnsdorf im großen Ratssaal des Rathauses zur Pressekonferenz geladen.
Als wir die Tür zum Ratssaal öffneten waren wir doch alle etwas baff, dass so viele Medienvertreter der Einladung gefolgt waren. Bürgermeister Werner Büdenbender begrüßte den Stargast und bat ihn, sich in das Goldene Buch der Gemeinde Wilnsdorf einzutragen. Dieser Bitte leistete Ian im großen Blitzlichtgewitter natürlich gerne Folge.
Es folgte die Pressekonferenz. Ian beantwortete die Fragen in der ihm eigenen nonchalanten Art, gewürzt mit einer gehörigen Portion Humor.
Es wurde viel gelacht und ich hatte den Eindruck, dass sowohl die Presse also auch der Hauptakteur eine Menge Spaß hatten. Die Übersetzerin Kathrin Ohrndorf machte übrigens einen tollen Job und dolmetschte Ian.
Lars Wehmeyer vom deutschen Deep Purple Fan Club "The Aviator" fragte Ian, ob dieser beim Konzert auch wieder seinen berühmten einhändigen Wirbel auf der Snaredrum vorführen würde. Natürlich war das ein abgekartetes Spiel, denn Lars und ich hatten uns zuvor abgesprochen. Mir war also klar, dass diese Frage kommen würde. Deshalb fragte ich Ian auf der Fahrt von Holland nach Wilnsdorf, ob er bereit sei, den One Hand Roll bei der Pressekonferenz vorzuführen. Und er meinte sofort: „No problem!“
Also ließ ich eine Snaredrum im Ratssaal aufstellen und als Lars dann die Frage stellte, nahm ich die Vorlage auf und fragte Ian, ob er uns eine Kostprobe geben würde. Er meinte, dass er das für 5 Euro gerne mache. Ich willigte ein, habe ihn allerdings bis heute nicht bezahlt ;-)
Ian spielte den On Hand Roll und die Presseschar jubelte. Zum Abschluss gab er noch einige Autogramme und machte sich dann gemeinsam mit Demon`s Eye auf den Weg zur Festhalle, wo "Back On The Road" ab 20.00 Uhr den Part des Anheizers mit Bravour erfüllten.
Zwischenzeitlich kamen meine Eltern Backstage zu Besuch und unterhielten sich mit Ian auf deutsch. Wir waren erstaunt, wie gut der Superdrummer doch unsere Sprache sprechen und vor allem verstehen kann.

21.15 Uhr – Showtime!
Der gleiche Ablauf wie am Abend zuvor in Holland: Zunächst betreten Demon`s Eye die Bühne und anschließend folgt Ian Paice unter ohrenbetäubendem Jubel. Voll motiviert legen wir mit "Burn","Ready And Willing" und "Sail Away" los.
Während der ersten drei Songs müssen wir allerdings gegen einen tiefen Brummton in der Monitoranlage ankämpfen, der zum Teil so laut ist, dass wir uns nicht mehr hören können... Das nervte gewaltig.
Ab dem vierten Song hatte der Mann am Mischpult die Probleme im Griff. Aber irgendwie hatte uns das offenbar doch etwas aus der Bahn geworfen, denn bei den unmittelbar darauf folgenden Songs unterliefen uns einige Fehler, die beim Debüt-Auftritt nicht passiert waren.
Nun ja, „Nobody´s Perfect“ - wir sind alle nur Menschen. Der Stimmung im Saal hat es glücklicherweise keinen Abbruch getan und letzten Endes können wir die Schlacht wohl ohne Übertreibung doch noch als gewonnen betrachten. Ich habe jedenfalls die Atmoshäre in der Festhalle zum Schluss des Konzertes als unbeschreiblich empfunden. Und ich glaube, es nicht nur mir so ergangen.

Im Anschluss an das Konzert haben wir dann erstmal für ein halbe Stunde in aller Ruhe zusammen gesessen und ausgezeichnet gespeist, um dann in den unteren Teil der Festhalle zum "Meet & Greet" mit rund 50 Freunden, Verwandten und Fans zu gehen. Leider war die Zeit viel zu kurz, um ausführliche Gespräche zu führen. Mehr als Smalltalk war nicht drin.

Nach ungefähr einer halben Stunde wurde Paicey ins Hotel gefahren. Demon`s Eye zog es zurück auf die Bühne der Festhalle. Das Equipment musste noch abgebaut und in die Busse geräumt werden. Herzlichen Dank an dieser Stelle an die fleißigen Helfer aus dem Rathaus, dem Museum und dem Bauhof.

Anschließend ging es in die Kojen. Um 7.00 Uhr, nach dreieinhalb Stunden Schlaf klingelte schon wieder der Wecker und an diesem Tag ging es 500 km weiter nach München. Mehr hierüber in Teil 3 des Tourtagebuches...


Fotos vom Konzert in Wilnsdorf


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Fotos: Moni Kircher