Tourtagebuch
"Demon`s Eye featuring Doogie
White"
Freitag,
28. November 2008
Verviers,
Belgien
von Andree Schneider
Nach unserer Kurztournee
mit Deep Purple-Drummer Ian
Paice sollten wir nun zum
zweiten Mal in der Demon`s Eye-Geschichte
einen bekannten Gastmusiker
dabei haben. Doogie White, der
Mitte der 90er Jahre bei Ritchie
Blackmore's Rainbow ganz groß
rausgekommen war, hatte auf
meine Anfrage spontan zugesagt,
bei zwei Konzerten für
unseren verhinderten Sänger
Bernd Martin einzuspringen,
der an diesen Terminen für
die Rock Classic Allstars zum
Einsatz kam und dabei u.a. mit
Jeff Brown (ex-The Sweet) abrockte.
Doogie sollte am Tage des ersten
Auftrittes plangemäß
um 12.10 Uhr am Köln-Bonner
Flughafen landen. Wir hatten
unseren treuen Fan Olaf Herrmann
aus Cottbus als Fahrer für
die drei Tage engagiert. Zur
allgemeinen Überraschung
meinte Olaf dann unmittelbar
vor der Abfahrt im Bandbus:
"Hoffentlich komme ich
mit der Gangschaltung klar,
denn ich fahre eigentlich einen
Automatik-Wagen. Links ist doch
die Kupplung und in der Mitte
die Bremse, oder?" Da haben
erstmal alle ziemlich dumm aus
der Wäsche geguckt. Hatten
wir jetzt etwa den Bock zum
Gärtner gemacht? Aber die
Sorgen waren unbegründet,
denn Olaf meisterte die Fahrt
bravourös! Olaf, ganz herzlichen
Dank nochmal an dieser Stelle!
Ich weiß wirklich nicht,
wie wir ohne Dich am Morgen
nach dem zweiten Auftritt nach
Hause gekommen wären...
Wir waren schon gut eine Stunde
vor Doogies Landung am Flughafen.
Die Spannung war enorm, denn
was würde passieren, wenn
der gute Doogie den Flug aus
welchen Gründen auch immer
verpasst hätte??!?! Das
Warten wurde wirklich zur Ewigkeit.
Schon 12.45 Uhr und immer noch
kein Doogie in Sicht. Stattdessen
kam zunächst Erna, und
zwar in Gestalt von Hugo Egon
Balder. Der kann aber nicht
wirklich singen, sondern allenfalls
Schlagzeug spielen. "Nee,
diesmal gebe ich die Stöcke
nicht ab", dachte ich bei
mir. Und dann kam er endlich
durch die Tür: Mr. Doogie
White! Plumps, da fielen doch
einige Steine. Die Begrüßung
fiel sehr herzlich aus. Doogie
nahm gemeinsam mit Mark und
mir im hinteren Bereich des
Bandbusses Platz. Sofort entwickelte
sich ein Gespräch über
seine Zeit bei Rainbow und Yngwie
Malmsteen. Doogie kann meisterhaft
Anekdoten zum Besten geben,
von denen aber mit Sicherheit
fast keine für die Öffentlichkeit
bestimmt ist. Sorry!
Als ich ihm sagte, dass ich
ihn letztmalig 1996 beim Rainbow-Konzert
in Schmallenberg gesehen habe,
meinte er: "Oh ja, ich
erinnere mich an das Konzert.
In Schmallenberg stellen sie
hervorragende Socken her."
Ich dachte, jetzt will er mich
verarschen, aber inzwischen
weiß ich, dass er die
Wahrheit erzählt hat...
Wir kamen ohne Stau um 14.30
Uhr im belgischen Verviers an,
wo wir noch ein wenig im Hotel
relaxen konnten. Wir trafen
im Hotel auch zwei unserer Fans,
nämlich Iris Wagner und
Moni Dengel, die Doogie auch
gleich in Beschlag nahmen;-)
Um 16.30 Uhr kamen wir im "Spirit
of 66" an, wo wir sofort
mit dem Aufbau und Soundcheck
loslegten. Wir probten beim
Soundcheck insgesamt sechs Songs:
"Highway Star", "Child
In Time", "Tarot Woman",
"Hall Of The Mountain King",
"Man On The Silver Mountain"
und "Ariel". Doogie
hatte mir im Vorfeld unserer
Reise mitgeteilt, dass er "Child
In Time" wegen der Schreierei
nicht singen möchte. Aber
ich überzeugte ihn, es
doch beim Soundcheck zumindest
mal zu versuchen. Es klappte
prima und deshalb spielten wir
den Song auch an beiden Abenden.
Doogie wich in den "Child
In Time"-Strophen zum Teil
sehr weit von den Originalgesangslinien
ab, womit er uns alle sehr beeindruckte
(siehe
YouTube). Nicht nur bei
diesem Song zeigte er seine
ganze sängerische Klasse.
Toll fand ich, dass Doogie sich
von unserer Power bereits beim
Soundcheck anstecken ließ.
Wir haben alle losgerockt wie
verrückt, obwohl ja noch
keine Socke da war (auch keine
aus Schmallenberg). Jedenfalls
klappte alles erstaunlich gut.
Auch die Rainbow-Songs spielten
wir fehlerfrei, was sich dann
allerdings beim Live-Auftritt
ändern sollte, denn da
haben wir bei "Man On The
Silver Mountain" und "Ariel"
jeweils 'nen Bock geschossen.
Aber nun ja, so ist das halt
live. Einen Tag später
in Isernhagen hat's dann gepasst!
Francis vom "Spirit of
66" organisierte das Abendessen,
das um 19.30 Uhr auf dem Tisch
stand. Doogie war 2007 schon
mal mit Cornerstone dort und
konnte sich noch mit Grausen
an das chinesische Essen erinnern.
Deshalb war seine eindringliche
Bitte: "This time no pork,
please!" Ok, es gab also
kein Schweinefleisch, und diesmal
schmeckte Doogie das Essen,
obwohl es vom selben Chinesen
stammte.
Die Zeit bis zum Auftritt überbrückte
jeder so wie er mochte. Ich
zog mich backstage etwas zurück,
um zur Ruhe zu kommen, während
die anderen noch das Gespräch
mit Fans und Freunden suchten.
Etwa eine halbe Stunde vor Beginn
des Auftrittes waren wir dann
alle zusammen backstage. Die
Stimmung war absolut ausgelassen.
Doogie passte hervorragend zu
uns, denn auch er ist immer
für einen Scherz zu haben
und lacht ausgesprochen gerne.
Man spürte, wie sich alle
auf den Auftritt freuten und
es kaum erwarten konnten, auf
die Bühne zu gehen.
21.30 Uhr - Showtime! Doogie
schwört uns ein: "Wir
gehen jetzt das raus und werden
eine Menge Spaß haben!"
Ein kurzes Handshake und Mark,
Maik, Florian und ich entern
zuerst die Bühne und legen
mit "Highway Star"
los. Doogie folgt kurze Zeit
nach uns. Ja, und dann rocken
wir gemeinsam das Haus, und
wie! Doogie geht ab wie ein
Zäpfchen und jeder im "Spirit
of 66" kann ihm deutlich
anmerken, dass er mit Leib und
Seele bei der Sache ist. Sein
Stimmvolumen und die Wandlungsfähigkeit
seiner Stimme haben uns sehr
beeindruckt. Darüberhinaus
sind seine Frontman-Qualitäten
nur schwer in Worte zu fassen.
Seine Action, sein Minenspiel
- das muss man erlebt haben.
Er wurde wirklich für die
Bühne geboren.
Nach einer Stunde machen wir
eine kurze Pause von rund 15
Minuten. Doogie fällt mir
backstage um den Hals und bedankt
sich sehr herzlich, dass ich
ihn kontaktiert habe. Etwas
beschämt entgegne ich,
dass WIR es sind, die zu danken
haben. "What a fun! What
a power!" sagt er immer
wieder. Und er meint: "Ich
wusste, dass das so gut werden
würde, weil wir alle diese
Musik lieben und echte Fans
sind. Was ihr abliefert ist
Leidenschaft pur!"
Das zweite Set beginnt mit dem
Rainbow-Klassiker "Tarot
Woman" und erweist sich
als echter Livekracher. Anschließend
folgt "Burn" und die
Stimmung im "Spirit of
66" ist endgültig
auf dem Siedepunkt angekommen
(siehe YouTube).
Nach weiteren Songs endet das
Konzert schließlich mit
"Black Night". Doogie
ist vollkommen aufgedreht und
mindestens so glücklich
wie wir. Er verteilt an jeden
von uns Komplimente, wofür
wir uns natürlich gerne
revanchieren;-)
Doogie war überrascht, mit wieviel
Power und Improvisationsfreude
wir die Deep Purple-Songs spielen.
Er meinte, dass wir wie Deep
Purple in den 70er Jahren klingen.
Ihm gefiel der Sound meines
Ludwig-Schlagzeugs und mein
"Paicey-Groove" sowie das Zusammenspiel
der kompletten Rhythmussektion.
Maiks Bass-Spiel empfand er
als sehr gelungen, weil es eher
an Glenn Hughes angelegt ist,
von dem Doogie ein großer
Fan ist. Auch Florian fand er
klasse ("He is a great
player!"). Nicht zuletzt
auch dessen Solo und das Orgel-/Gitarrenduell
bei "Speed King" hatten
es ihm angetan. Aber natürlich
galt Doogies Augenmerk insbesondere
unserem Gitarristen Mark. Schließlich
hat Doogie mit zwei der weltbesten
Gitarristen zusammen gearbeitet.
Und Doogie war echt begeistert
von Mark. Er sagte zu ihm, dass
er zu den wenigen Gitarristen
gehöre, deren Gitarrenspiel
nicht nur technisch brillant
sei, sondern auch Charakter
habe. Und das sei am wichtigsten.
Hey Mark, grinst Du eigentlich
immer noch?;-)
Doogie machte sich backstage
kurz frisch und suchte dann
gemeinsam mit uns den Kontakt
zu den Fans. So um 03.00 Uhr
kamen wir im Hotel an. Müde,
aber überglücklich
sanken wir in die Federn...
bis auf unseren berühmten
Gastsänger, der seine Uhr
nicht umgestellt hatte und dachte,
es sei erst 02.00 Uhr. Doogie
wollte noch einen kleinen Absacker
nehmen, gab aber seine Suche
nach kurzer Zeit auf und begab
sich ebenfalls in die Horizontale.
Teil 2 des Tourtagebuches folgt
in einigen Tagen...
Fotos
vom Konzert in Verviers
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Fotos: Manfred Stoffer & Moni
Kircher
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